Rezensionen

Dry | Neal Schusterman | Rezension

Dry von Neal Shusterman

[Vielen Dank an den Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar]

„Irgendwann ist der Flughafen so überfüllt, dass zusätzliche Polizeikräfte hinzugezogen werden, um für Ordnung zu sorgen. Und weil der Verkehr sich überall staut, kommen die Tanklaster mit dem Kerosin gar nicht mehr bis zum Flughafen durch.“

Neal Shusterman, Dry, S.26, Fischer.

Was passiert, wenn es kein Wasser mehr gibt?

Niemand glaubt, dass die Regierung es wirklich tun würde und nach der Wasserrationierung dieses komplett abstellen würde. Doch als Alyssa eines Tages den Wasserhahn aufdreht, kommt kein Wasser heraus. Als dies einige Tage weiter geht, sind die Supermärkte leer gekauft, die Menschen in Panik und verwandeln sich fast in Wasserzombies, auf der Suche nach nur einem Tropfen.

Neal Shusterman und sein Sohn hätten mit Dry nur zwei Wege gehen können..entweder hätte das Buch und die Idee dahinter todeslangweilig sein können oder richtig gut. Zum Glück ist es in die zweite Richtung gegangen. Dry ist mal wieder ein Gedankenexperiment mit der Frage, wohin würde eine Gesellschaft gehen, wenn es plötzlich kein Wasser mehr gibt?

In dem Buch ist es so, wie es vielleicht vor einem Jahr fast in Kapstadt gewesen wäre. Die Regierung hat Vorschriften verhängt, wie oft es Wasser gibt. Keine Pools oder Gärten dürfen mehr gewässert werden. Zudem soll man Wasser insgesamt sparen. Das Buch beginnt dann mit dem sogenannten Tap-out, bei dem es kein Wasser mehr gibt.

Und hier lernt der Leser dann die Figuren kenne. Zunächst wird die Geschichte aus Alyssas und Keltons Sicht erzählt. Später kommen noch zwei weitere hinzu.

Alyssa ist das typische Mädchen von nebenan. Behütet, hatte bisher nie Probleme und ist absolut unvorbereitet. Sie hilft ihrer Familie, wo sie kann und kommt immer auf gute Ideen. Sie versucht für ihren Bruder einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht offensichtlich zu verzweifeln. Doch auch sie denkt sehr oft im Laufe des Buches über Tod und die Probleme nach.

„Vor ihrer Nase fährt ein Wasserversorgungstruck einer der zahlreichen enttäuschenden Wasserdistrikte. Die Vierzig-Liter-Wassergalleonen auf der Ladefläche sind deutlich zu erkennen und wie eine Ohrfeoge für eine immer durstige Bevölkerung.“

Neal Shusterman, Dry, S.62, Fischer.

Kelton ist ein ziemlich witziger Charakter, der ein Sohn eines sogenannten „Preppers“ ist. Sein Vater hat ihn und das Haus sein Leben lang für solch ein Problem vorbereitet. Kelton kann kämpfen, aus allem Möglichen Waffen oder Nahrung machen und er kennt sich mit allem aus, was bei so etwas zu tun ist. Er passt zu Beginn absolut nicht in die Gruppe, jedoch will er Alyssa helfen und bleibt so in ihrer Nähe und integriert sich am Ende doch recht fix in die gesamte Gruppe.

Jacqui wird kurze Zeit nach dem Tap-Out eingeführt. Zunächst als Person, die von Kelton Medikamente haben will und deshalb nur mit ihm geht. Doch relativ schnell integriert sie sich auch in die Gruppe und bleibt erst einmal bei den anderen.

Gemeinsam versuchen die 4 – da Alyssas Bruder Garret auch noch mit dabei ist – den Tap-Out zu überleben, doch das ist nicht so einfach. Kein Wasser, keine Bezugspersonen und ganz viele Menschen, die an Entzugserscheinungen leiden. Diese wurden meiner Meinung nach verdammt gut dargestellt. Man merkt, dass Neal Shusterman und Jarrod Shusterman sich in jede Richtung informiert haben. Sowohl was im Land passiert, wenn so etwas wirklich passiert. Welche Personengruppen es geben könnte und welche Optionen die Menschen haben. Außerdem werden diverse Subgesellschaften beschrieben, die auch sehr akkurat dargestellt wurden. Dieses ganze Szenario wirkt sehr lebhaft und die Verzweiflung, die Ängste, die Probleme waren nachvollziehbar.

„Zumindest muss ich mich nun nicht mehr mit der Frage beschäftigen, ob ich bleiben oder gehen soll. Ich habe jetzt keine große Wahl mehr. Ich muss hier weg. Mein Generator wird bald ohnehin kein Benzin mehr haben.“

Neal Shusterman, Dry, S.158, Fischer.

Ich kann mir jedoch auch vorstellen, dass einigen Dry nicht gefallen wird. Diejenigen, die Scythe gelesen haben, sollten wissen, dass das Buch ganz anders ist. Dry erzählt eine Geschichte, die vom Überleben handelt, in einer Gesellschaft, die gerade am kaputt gehen und ausflippen ist. Es ist eine Geschichte von Menschen, die sich ans Leben klammern und versuchen das Beste daraus zu machen. Es kann nicht so spannend für einige sein, ich persönlich fands aber wirklich toll!

Der Schreibstil ist wie immer ein Traum, flüssig, anschaulich, spannend. Die Geschichte ist schon fast viel zu real. Immer wieder gibt es kleinere Schlaglichter, die dem Leser noch klarer machen sollen, was der Tap-out mit allen anderen Menschen macht. Ebenso mit den Infrastrukturen usw. Interessant ist dabei auch, dass man beim Lesen immer im Hinterkopf haben sollte, dass es sich nur auf den Süden Amerikas bezieht.

Eine Geschichte, die ganz anders ist als diejenigen Bücher von Neal Shusterman, die ich bisher kenne. Sie handelt vom Überleben in einer Gesellschaft, die sich auf den Abgrund zubewegt und kein Wasser mehr hat.


Neal Shusterman | Dry

22. Mai 2019 | 448 Seiten

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Dry | Leseprobe

(12) Kommentare

  1. Wow, Andrea,

    tolle Rezension und dein Blog hat sich auch super gemausert, very fine.

    Dry bleibt damit auf meiner WuLi. und ich habe ja irgendwann Geburtstag, da wird mir sicherlich jemand einfallen, der mir das Buch schenken darf. *hust

    Liebe Grüße
    Tina

    1. easypeasybooks16111992 sagt:

      Hallo Tina 🙂

      Vielen dank, ich liebe meinen neuen Blog auch total.
      Dann drück ich dir die Daumen, dass dir jemand Dry schenken wird, denn das Buch ist wirklich soo soo toll <3

      Liebe Grüße

      Andrea

  2. Liebe Drea,

    mich konnte das Buch auch total begeistern – freut mich, dass es dir so gefallen hat!
    Aber ja, auch ich kann verstehen, wenn da einige nicht ganz so etwas mit anfangen können, bzw. ein bisschen enttäuscht sind, weil sie etwas anderes erwartet haben.
    Ich kann mich Tina nur anschließen – ich könnte Ewigkeiten bei dir rumstöbern, richtig toll hier <3

    Liebe Grüße
    Jill

    1. easypeasybooks16111992 sagt:

      Hallo Jill 🙂
      vielen Dank für das Kompliment. Ich bin froh, dass der neue Look nicht nur mir gefällt 🙂

      Ich hoffe, dass Neal Shusterman noch mehr solcher Bücher schreibt, weil ich seinen Schreibstil und seine Ideen so unglaublich interessant finde.

      Liebe Grüße

      Andrea

  3. Hallo Andrea,
    ich habe bisher kein anderes Buch von Shusterman gelesen, mir fehlt also der Vergleich.
    Zu „Dry“ habe ich gegriffen, weil ich diese Planspielchen und Überlegungen mag, wie sich Menschen in Extremsituationen verhalten, wie es zugeht, wenn das dünne Mäntelchen der Zivilistion reißt und es plötzlich ums nackte Überleben geht. Und das fand ich wirklich packend beschrieben.
    Ja, man muss nur mal auf der Erde herumschauen und in Regionen blicken, in denen Naturkatastrophen stattfinden. Und da findet man genau so ein Verhalten, wie es im Buch erzählt wurde. Es ist ja nicht wirklich schmeichelhaft, aber ich denke, die Handlung des Buches bewegt sich sehr nah an einer möglichen Realität. Und das gruselt mich, ich finde es aber auch sehr spannend.
    Deshalb schließe ich mich Deinem positiven Urteil über „Dry“ voll und ganz an!
    LG Gabi

    1. Drea sagt:

      Hallo Gabi,

      das fand ich am Ende auch wirklich schockierend, dass man doch eigentlich gar nicht so weit weg ist von solch einem Szenario, wie es im Buch erzählt wird. VIelleicht hat es mich auch deswegen so gepackt. Wie gesagt in vielen Regionen gibt es das ja schon seit Jahren jeden Sommer, andere kratzen kurz davor.
      Aber andere Bücher von Schusterman sind ähnlich gut vom Gedanken her. Obwohl es immer Jugendbücher zu sein scheinen, haben sie so einen tiefen Sinn dahinter – zumindest ist es bei Sycthe so.

      Liebe Grüße

      Andrea

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