Rezensionen

Das Labyrinth des Faun | Cornelia Funke & Guillermo del Toro | Rezension

Das Labyrinth des Faun von Cornelia Funke

[Vielen Dank an Fischer für das Rezensionsexemplar]

„Menschenfressende Wölfe. Ihre Mutter sagte, Märchen hätten mit der Welt nichts zu tun, doch Ofelia wusste es besser. Märchen hatten sie alles über die Welt gelehrt.“

Cornelia Funke & Guillermo del Toro, Das Labyrinth des Faun, S.10, Fischer Verlag.

Spanien 1944: Spanien im Bürgerkrieg. Ophelia zieht mit ihrer Mutter in die Berge, denn dort ist ihr Stiefvater stationiert. Er soll die Rebellen ausrotten. Doch als Ophelia mit ihrer Mutter dort ankommt, trifft sie auf den Faun, der ihr erzählt, dass sie eine verschollene Prinzessin ist. Doch um zu schauen, ob das stimmt, muss sie drei Prüfungen meistern, die er ihr aufgibt. Und so taucht Ophelia in eine wunderbare Welt von Feen, Elfen und weiteren Fabelwesen ein.

Cornelia Funke war eine derjenigen Autorinnen, die ich damals für mich durch Tintenherz entdeckt habe. Die Geschichte habe ich verschlungen und mich in die Charaktere verliebt. Leider kam ich in die nächsten Geschichten nie so wirklich rein und habe mich jetzt umso mehr darüber gefreut, dass ich eine erneute Chance bekomme, in ein Buch von ihr einzutauchen.

Mit dem Labyrinth des Fauns hat Cornelia Funke es erneut geschafft mich in eine wundervolle Geschichte zu ziehen, obwohl ich von vornherein auch wusste: Entweder mag ich es, oder ich hasse es. Denn so waren die Kritiken zu Pan’s Labyrinth, auf dem das Labyrinth des Faun basiert. Sie durfte den Film von Guilamo del Toro nämlich verschriftlichen und ihre eigenen, kurzen Geschichten einstreuen.

Das Labyrinth des Fauns erklärt zunächst die Legende rund um die Mondprinzessin, die irgendwann aus der Welt ihrer Familie entflohen ist und seitdem erst dann zurückkommen kann, wenn sie sich an alles erinnert. Dieses Mädchen scheint Ophelia zu sein, die eigentlich mit ihrer Nase immer in ihren Büchern steckt. Schon auf der Fahrt zu ihrem Stiefvater, gemeinsam mit ihrer hochschwangeren Mutter, sieht Ophelia eine Art Fee, die ihr bis zum Haus ihres Stiefvaters folgt. Diese Fee wird zunächst als Diener eines Wesens beschrieben, wenig später als Insektenartig. Sie passt sich aber schnell an Ophelias Ideen einer Fee an und verwandelt sich, sodass sie aussieht wie aus einem Märchen. Schon hier wurde bei mir eine unheimliche Stimmung geweckt. Denn diesem Geschöpf habe ich von vornherein nicht getraut.

Als ihre Mutter von ihrem Stiefvater begrüßt wird, rennt Ophelia in den Wald und folgt der Fee, die immer wieder kommt, um ihr die drei Aufgaben des Fauns zuübergeben und die Ausführung zu überwachen.

„Ofelia starrte auf den gewaltigen Torborgen, der zwischen den Bäumen aufgetaucht war und den Durchgang zwischen zwei uralten Mauern überspannte. Ein gehörnter Kopf starrte mit leeren Augen und offenem Mund von dem Bogen herab, als wollte er die Welt verschlingen.“

Cornelia Funke & Guillermo del Toro, Das Labyrinth des Faun, S.16, Fischer Verlag.

Ophelia und ihre Mutter leben nur in dieser kaputten Mühle mit all den Soldaten, weil ihre Mutter nach dem Tod ihres Vaters, erneut geheiratet hat. Sie ist der Meinung, dass eine Frau zu solch einer Zeit nicht allein sein kann. Die Mutter ist sehr abhängig von dem neuen Mann und lässt alle Beleidigungen und Beschimpfungen über sich ergehen. Mir als Leserin wurde aber klar, dass die Mutter einfach verzweifelt war, weil sie womöglich nicht genau wusste, wie sie sich und Ophelia über die Runden bringen soll. Sie und ihr verstorbener Ehemann waren Schneider und zu Zeiten des zweiten Weltkriegs haben ledige Frauen einfach keine Hilfe bekommen. Daher erklärt sich die Mutter gegenüber ihrer Tochter auch immer wieder mit den Worten, dass sie es bestimmt bald verstehen wird.

Ophelias Stiefvater ist ein grausamer Kriegsführer, der im spanischen Bürgerkrieg gegen die Rebellen vorgeht und diese auf grausamste Art und Weise hinrichtet. Es wird schon auf den ersten Seiten klar, dass er die Mutter eigentlich nur als eine Art Brutmaschine ansieht. Er will einen Nachfolger für sich, weil er versessen darauf ist, sein Erbe weiterzugeben. Ophelias Mutter war bereit dies für ihn zu sein, solange er sie und ihre Tochter beschützt. Doch dadurch, dass er die Mutter hochschwanger zu der Mühle fahren lässt, die regelmäßig von Rebellen überfallen wird, ist klar, wo seine Prioritäten liegen. An der Mutter liegt ihm nichts. Und die Grausamkeit gegenüber den Rebellen wird in manchen Szenen bis ins kleinste Detail geschildert, was zum Teil schon widerlich war. Diese Figur ist eine so widerliche und unsympathische Figur im ganzen Buch, aber trotzdem eine der wichtigsten für Ophelia Entwicklung.

„Ofelia sehnte sich danach, Mercedes von dem Faun zu erzählen, vielleicht, weil sie sie vor dem Labyrinth gewarnt hatte, oder weil Mercedes ihre eigenen Geheimnisse hatte. Es war ein Wissen um die Welt in Mercedes‘ Augen, das Ofelia in den Augen ihrer Mutter vergeblich suchte.“

Cornelia Funke & Guillermo del Toro, Das Labyrinth des Faun, S.49, Fischer Verlag.

Als Ophelia dem Faun das erste Mal gegenübertritt, ist sie erschrocken und begeistert zu gleich. Er hilft ihr immer wieder ihre Mutter und ihren ungeborenen Bruder zu retten. Doch dem Leser wird auch klar, dass vieles der Geschichten und Dinge, die Ophelia passieren, vermutlich aus der Perspektive des Kindes beschrieben sind.

Ich muss sagen, dass mir der Faun bis zum Ende nicht geheuer war. Ich hatte das Gefühl, dass er nichts Gutes für Ophelia im Sinn hatte, doch das hat sich am Ende dann ziemlich gut geklärt.

Ophelia als Hauptfigur hat mir gut gefallen. Das kindliche, aber irgendwie doch recht erwachsene war erfrischend und passte hervorragend zu der Geschichte. Zwar ist sie hier und dort etwas naiv und die Geschichte wird ja irgendwie zum größten Teil aus ihrer Sicht geschrieben, weshalb man als Leser auch vieles interpretieren könnte, wie z.B. die Alraune für ihre Mutter. Als sie diese vom Faun bekommt, geht es ihrer Mutter direkt besser und als ihre Mutter sie verbrennt, geht es ihr direkt schlechter.

„Der Tunnel und das Labyrinth aus Wurzeln schienen endlos, doch Ofelia kehrte nicht um. Sie musste die Prüfungen des Fauns vor dem nächsten Vollmond bestehen, wenn sie ihm und sich selbst beweisen wollte, dass er recht hatte: Dass sie Moanna war, die Prinzessin, deren Vater auf die wartete, obwohl sie geglaubt hatte, ihn für immer verloren zu haben.“

Cornelia Funke & Guillermo del Toro, Das Labyrinth des Faun, S.63, Fischer Verlag.

Gut gefallen haben mir auch die Kurzgeschichten, die Cornelia Funke selbst geschrieben hat und die immer passend zur Geschichte verlaufen. Sie handeln viel von Zauberei, Hexen und Vergeltung, was quasi zu meiner Theorie oben passen könnte 😊 Dennoch hat mir jede Geschichte gut gefallen, weil sie auch oft einen Bezug zu einem Gegenstand oder einer Person in der Geschichte rund um Ophelia hatte.

Auch wenn es aussieht und klingt wie ein Märchenbuch für Kinder, ist es definitiv erst ab dem Jugendalter zu empfehlen. Es wird auch vom Verlag als Buch ab diesem Alter eingestuft, denn es ist – wie bereits erwähnt – doch an einigen Stellen brutal.

Ein tolles Buch, was aber stellenweise ganz schön brutal ist.


Das Labyrinth des Faun | Cornelia Funke

2. Juli 2019 | 320 Seiten

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