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Thalamus | Ursula Poznanski | Rezension

Thalamus von Ursula Poznanski

Er dachte an das Wort Okay, konzentrierte sich darauf. Dann sagte er es, oder meinte jedenfalls, das würde er, aber es war wieder nur ein Geräusch, als hätte er Schmerzen.

Ursula Poznanski – Thalamus, S.14, Loewe.
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Ein schwerer Motorradunfall krempelt Timos Leben komplett um. Er kann nicht mehr Sprechen und kaum noch Laufen. Als er an den „Markwaldhof“ kommt, bemerkt er schnell, dass hier nicht alles so läuft, wie er es in einer Klinik erwartet hätte. Nachts läuft sein Zimmernachbar, der eigentlich im Wachkoma liegt, durch die Gänge und bedroht ihn. Timo merkt auch schnell, dass er Fähigkeiten besitzt, die er vorher nicht hatte.

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Thalamus – was würdet ihr denken, wohin dieses Buch geht? Ich dachte, es wird bestimmt und einen Unfall gehen, dann vielleicht um irgendwie eine verquere Situation und die Hauptperson wird am Ende vielleicht irgendeinem Verbrechen nachgehen – denn ich bringe einfach viel zu sehr Ursula Poznanski mit Krimi bzw. Thriller in Verbindung, was es hier eigentlich gar nicht ist. Das Buch geht eher in die Richtung Erebos. Zumindest vom Technikverständnis her.

Am Anfang hatte ich ein paar Probleme in das Buch hinein zu kommen. Ich mochte Timo als Charakter sehr, aber dass er nicht mehr sprechen konnte und seine motorischen Fähigkeiten erst so ganz langsam wiederbekommen hat, hat mich doch sehr in eine schwierige Ausgangsposition gebracht. Ich hätte fast einen Fall in der Familie gehabt, wo sich die Person nicht wieder hätte regenerieren können – wenn man‘s so nennen will. Dennoch habe ich diese Gedanken dann zur Seite geschoben und habe mich versucht auf das Buch einzulassen, was mir dann auch wirklich gut gelungen ist.

‘Ich bin Carl. Mit C.‘ Der Junge beugte sich zu ihm und blickte ihm aufmerksam ins Gesicht. ‚Du verstehst mich, oder? Du siehst jedenfalls nicht so stumpf aus wie ein paar andere hier.‘ Er deutete zum Nachbarbett. ‚Wie Magnus zum Beispiel. Magnus ist Gemüse, aber immerhin Gemüse mit Hoffnung, heißt es. Es gibt hier auch welche, bei denen ist das Hirn bloß noch Matsch.

Ursula Poznanski – Thalamus, S.27, Loewe.

Timo ist, wie oben schon geschrieben, ein wirklicher toller Hauptcharakter. Das schwierige ist natürlich die Verzweiflung und Wut gemeinsam mit seiner Neugierde zusammen zu packen und das alles in einer Nonverbalen Form. Das ist Ursula Poznanski so wunderbar gelungen. Wir bekommen als Leser unglaublich viel aus der Innenwelt von Timo mit. Er ist wütend, verzweifelt, freut sich aber auch über die Kleinigkeiten, die er schafft. Timo macht unglaublich viel mit sich selbst aus, überdenkt die Freundschaften und vor allem seine ehemalige Beziehung. Alles völlig typische Dinge für Jugendliche. Außer, dass er relativ schnell diverse Dinge wahrnimmt, die nicht normal scheinen. Zunächst sieht er, wie sein Bettnachbar, der eigentlich im Koma liegen sollte, nachts einfach aufsteht und umherläuft. Er redet sogar und rennt durch die Gänge, als sei er nie krank gewesen. Genauso, wie Timo einfach nachts beginnt rumzulaufen und zu schlafwandeln. In dieser Phase kann er auch Reden und ganz normal laufen. Zunächst zweifelt Timo extrem an seiner Heilung und glaubt, er wird verrückt. Aber ganz im Ursula Poznanski Stil, wird auch diese Verwirrung am Ende aufgeklärt und ergibt Sinn!

Die Erkenntnis sickerte langsam in Timos Bewusstsein ein, und ihm wurde innerlich kalt. Etwas war kaputtgegangen, die Verbindung zwischen seinen Gedanken und der Fähigkeit, sie auszudrücken, existierte nicht mehr.

Ursula Poznanski – Thalamus, S.14, Loewe.

Natürlich wäre es langweilig, wenn das Buch nur um Timo gehen würde, also bekommt er in Thalamus direkt noch ein paar Freunde an die Seite gestellt, mit denen er nicht nur Zeit verbringt, sondern auch das Problem in der Reha Klinik versucht in den Griff zu bekommen. Ganz am Anfang läuft ihm Carl über den Weg. Seines Zeichens ebenfalls Unfallspatient, konnte weder Reden noch hatte er motorische Fähigkeiten. Jetzt labert er ohne Punkt und Komma und fährt Timo überall hin – egal ob er dort mit hinwill oder nicht, denn: Er kann sich ja nicht wehren. Carl ist der Witzbold der Gruppe, der offenbar auch über jeden einzelnen Patienten in der ganzen Klinik bescheid weiß und genau weiß, was ihm zugestoßen ist. Nur über sich selbst spricht er ungern. Dafür kümmert er sich aber umso mehr um all die anderen Jugendlichen, vor allem um Mona.

Und Mona wäre dann auch schon die letzte aus der Runde, die noch an Timos Seite ist. Sie ist wirklich cool, aber die einzige, die nicht so schnell heilt wie alle anderen. Sie ist querschnittsgelähmt und kommt mit ihrer Therapie leider nicht so schnell voran, wie die anderen. Außerdem nervt ihre Mutter sie extrem damit, dass Mona nicht mehr das erreichen kann, was sich ihre Mutter für sie erhofft hatte. Mona leidet sehr unter dem Druck der Mutter und daran, dass sie es nicht akzeptieren kann, dass Mona nie mehr Turmspringen kann. Denn genau dort hat sie sich die Verletzung zugezogen.

„Die Liste war lang, Timo verstand nicht alle medizinischen Begriffe, aber er verstand, dass er wohl Riesenglück gehabt hatte, zu überleben.“

Ursula Poznanski – Thalamus, S.53, Loewe.

Das Ende hat mir dann mal wieder – so wie eigentlich in jedem Buch von Ursula Poznanski – das Hirn weggepustet (Tolles Wortspielt bei Thalamus…). Aber dieses Ende war wirklich krass. Timo hat schon relativ früh gemerkt, dass irgendetwas nicht ganz stimmt mit der ganzen Klinik, doch WAS da dann genau abgeht und wie das alles miteinander vernetzt ist, war schon echt krass. Ich fand die Auflösung genial und wirklich futuristisch.

Header Fazit

Mal wieder ein besonderes Jugendbuch von Urusula Poznanski, dass auch außerhalb der Thriller Bücher einfach nur genial funktioniert.


Ursula Poznanski | Thalamus

13.08.2018 | 448 Seiten

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Thalamus | Leseprobe

(5) Kommentare

  1. Hallo Andrea,
    ich fand Thalamus auch sehr gut und das Ende ziemlich überraschend und spannend. Ich finde es super, dass Ursula Poznanski immer wieder sehr aktuelle Themen in ihren Jugendbüchern verarbeitet, die nicht nur die Altersgruppe interessieren. Das fing schon bei Erebos an. Elanus fand ich auch richtig gut und Aquila ist ebenfalls total spannend und kann ich empfehlen.

    Viele Grüße
    Jay von „Bücher wie Sterne“

    1. Drea sagt:

      Hey 🙂

      ja das stimmt, wobei mir Aquila nicht so gut gefallen hat, wie alle anderen Bücher davor und danach :).

  2. Gesagt, getan – gleich mal vorbei gesprungen und deinen Beitrag gelesen. Ich liebe es zu lesen, was andere über die Bücher denken, die ich schon kenne. 😀

    Deine Begeisterung für das Buch ist wirklich ansteckend. Ich kann mich daran erinnern, dass ich das ganze Buch mit einem unguten Gefühl gelesen habe, erwartungsvoll, dass etwas passiert, aber wissen, dass dieses Etwas überhaupt nicht gut sein kann. Unglaublicher Spannungsfaktor!
    Da ich erst „Die Verratenen“ und die Nachfolger von der Autorin gelesen habe, war ich auch viel mehr mit der Erwartung eines ähnlichen Verlaufs an das Buch herangegangen. Meiner Meinung nach konnte Thalamus nicht ganz mit dieser Trilogie mithalten, aber dafür war ich für Erebos dann mehr gewappnet. 😀

    Deinem Fazit kann ich auf jeden Fall zustimmen – Ursula Poznanski schreibt sehr gute Jugendbücher. 🙂

    1. Drea sagt:

      Hallo 🙂

      das freut mich, dass du vorbei geschaut hast <3.
      Die Verratenen habe ich leider noch gar nicht gelesen, hab die Bücher aber schon länger auf dem Ebook und hoffe auch bald den Rest lesen zu können 🙂

  3. mariella sagt:

    Habe das buch auch gerade durchgelesen, fands super.. Thalamus ist ein super buch und hat mich dazu gebracht mehr zu lesen. Meine frage wäre nun, wie lange timo denn überhaupt am markwaldhof gewesen ist. Wird das im buch erwähnt? Würde mich über eine rückmeldung freuen

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